Einladung zum Perspektivenwechsel im Umgang mit den Lügen deines Teenies

In den 14tägigen Treffen der Selbsthilfegruppe Pubertät für Eltern steht neben Schule, Lernen, Kommunikation und Medienkonsum gerade ein Thema im Mittelpunkt: Wie gehen wir mit Lügen und Schwindeleien unserer Teenager um? Die Geschichten und Erfahrungen, die wir dort teilen, sind so bunt und vielfältig wie die Jugendlichen und ihre Familien selbst.

Und so möchte ich heute, inspiriert von diesen Gesprächen, einige Gedanken und Impulse mit dir teilen, die es dir erleichtern können, konstruktiv mit der Unwahrheit deines Teenies umzugehen, ohne eure Beziehung nachhaltig zu schädigen.

Ein süßes Geheimnis: Kennst du die Geschichte vom Schoko-Schnurrbart?

Stell dir vor, dein Kind steht vor dir, der Mund verschmiert mit Schokolade, und behauptet steif und fest: „Ich habe den Schokoosterhasen nicht angerührt!“ Fast könntest du es ihm glauben, wenn da nicht die schokoladigen Beweise rund um den Mund wären.

Falls du diese Situation oder eine ähnliche mit deinem – damals noch kleinen – Kind erlebt hast, dann lade ich dich ein, hineinzuspüren, wie es dir damals ergangen ist?

  • Konntest du – ob dieser damaligen offensichtlichen – „Lüge“ lächeln?
  • Hast du dich darüber geärgert?
  • Warst du enttäuscht?
  • Hast du dich nicht respektiert und für blöd verkauft gefühlt?

Lügen ist eine Kompetenz die erprobt werden will

Vielleicht fragst du dich gerade, was deine Gefühle denn mit den Lügen deines Kindes zu tun haben? Meine Antwort darauf: „Alles!“ Denn deine Bewertungen einer solchen – in der Begleitung von Kindern völlig „normalen“ Situation – sind DEINE Bewertungen.

Denn Kinder müssen auch lernen, zu schwindeln. Denn es ist eine Kompetenz, Dinge zu erzählen, die nicht wahr sind und die Reaktionen seines Gegenübers dann einzuordnen, seine eigene Wahrheit zu überprüfen und sich dann in der Pubertät, seinen eigenen Schwindeleien auf die Spur zu kommen.

Ja, auch das darf beim Heranwachsen gelernt und ausprobiert werden. Auch das sind Erfahrungen, die Kinder machen müssen, auch wenn du vielleicht gerade die Augen verdrehst.

Heute sind es bei deinem Teenager vermutlich keine Schoko-Schnurrbärte mehr, sondern vielleicht das Verheimlichen von schlechten Noten, das Herunterladen einer verbotenen App oder das heimliche Ausgehen mit Freunden, die dich als Mutter oder Vater oft ratlos oder sogar ohnmächtig zurücklassen.

Wie sieht es mit deiner Wahrheit aus?

Viele Eltern stellen sich dann die Fragen, was sie denn falsch gemacht haben, wie es sein kann, dass ihr Teenager sie einfach „schamlos“ anlügt, dass ihnen ihr Kind nicht vertraut und lieber offensichtlich lügt, als die Wahrheit zu sagen, die uns Eltern doch so wichtig ist.

An dieser Stelle mag ich dir noch eine provokante Frage stellen: Wie schaut es denn mit deiner Wahrheit aus? Mutest du deinem Umfeld deine Wahrheit zu?

Oder erfindest du eine Ausrede, um dein Gegenüber zu „schonen“ (z.B. „Ich will heute nicht mit dir ausgehen, weil ich müde bin!“)? Falls du dich dabei erwischst, dass du da nicht bei der Wahrheit bleibst, dann mag ich dich daran erinnern, dass uns unsere Kinder kopieren. Wie ich das meine, erfährst du jetzt gleich.

Die Welt der jugendlichen Wahrheitskünstler

Ich nehme dich also mit auf eine Entdeckungsreise durch die Welt der jugendlichen Wahrheitskünstler, die nicht aus Bosheit oder Rebellion, sondern meist aus einem Mix von Gründen, die Wahrheit verdrehen bzw. die Unwahrheit sagen. Genauso wie viele Erwachsene.

Und du erhältst auch bei jedem der möglichen Gründe eine kurze Reflexionsfrage, die dich dabei unterstützen kann, neue und konstruktive Reaktionen auf „Lügen“ auszuprobieren.

Warum Teenies manchmal die Wahrheit kreativ umgestalten

  • Die Angst vor dem elterlichen Donnerwetter

Stellen wir uns das Szenario vor: Dein Teenager, im Spagat zwischen Kindheit und Erwachsenwerden, hat die Ausgangszeit überschritten. Der Gedanke an das mögliche Donnerwetter zu Hause lässt ihn zur kreativen Ausrede greifen: „Der Bus hatte Verspätung.“
Warum? Weil das letzte Mal, als er ehrlich war, sich die Strafe angefühlt hat wie zwei Wochen Stubenarrest für fünf Minuten Verspätung.

Reflexion statt Reaktion – Frage dich: „Ist meine Strafe/Konsequenz vielleicht erst die Eintrittskarte ins Reich der Lügen?“

  • Das Verlangen nach Applaus

Dein Kind ringt nach Anerkennung wie ein Schauspieler nach dem Beifall des Publikums. Bist du bei Fehlern streng und bewertend, dann wird aus der Wahrheit schnell eine Märchengeschichte – nur um deine Liebe und deinen Respekt nicht zu verlieren.

Denke z.B. an den Tag, als dein Teenie sich für einen Fehler entschuldigen musste. Die Angst vor Missbilligung und die verzweifelte Suche nach Anerkennung machten aus „Ich hab mein Mathebuch im Bus liegen lassen“ vielleicht ein „Ich musste einem Freund helfen, deshalb konnte ich nicht lernen.“

Anerkennung als Schlüssel – Überlege: „Zeige ich genug Verständnis, um mein Kind dazu zu ermutigen, zu seinen Fehlern zu stehen? Bin ich darin ein Vorbild, wie ich mit meinen eigenen Fehlern umgehe?“

  • Angeberei oder Unsicherheit?

Oft ist das Lügen eine Maske, hinter der sich Unsicherheit versteckt. Dein Teenager möchte im besten Licht erscheinen, auch wenn das bedeutet, die Realität etwas zu schmücken.

Denn es gibt die Momente, in denen das Selbstvertrauen und Selbstbewusstsein wackelt und dein Teenager mit einer Lüge versucht, sich selbst und anderen etwas zu beweisen und sich besser darzustellen als er/sie ist. Da wird aus einem „Ich habe die Klassenarbeit total verhaut“ schnell ein „Die Lehrer haben noch keine Noten rausgegeben.“

Das Selbstwertgefühl stärken – Frage dich:
„Wie kann ich meinem Kind helfen, seine Unsicherheiten zu akzeptieren und authentisch und ehrlich zu sich selbst zu sein, auch wenn es Fehler macht?“
„Wie gehe denn Ich mit meinen Fehlern um?“

  • Regeln sind da, um … umgangen zu werden?

Das Verbotene übt einen seltsamen Reiz aus. Sie sind wie rote Knöpfe, die nur darauf warten, gedrückt zu werden. Das klassische „Ich übernachte bei Lisa“ wandelt sich in eine heimliche Diskonacht, weil das letzte ehrliche Gespräch über Ausgehzeiten in einer Grundsatzdebatte endete, die dein Teenie vermeiden will.

Dialog statt Verbot – Denke nach: „Können wir Alternativen finden, die sowohl meine Sorgen berücksichtigen als auch die Bedürfnisse meines Teenagers?“

  • Überlastung – wenn der Rucksack zu schwer wird

Manchmal ist es die Last der Erwartungen, die dein Teenager zu tragen hat, die dazu führen kann, dass dein Teenager die Wahrheit verbiegt. Es ist ein Szenario der Überforderung, die wie ein unsichtbarer Rucksack auf den Schultern deines Kindes lastet, den er/sie dir aber auf keinen Fall zeigen möchte. Denn das wäre ja womöglich ein Zeichen der Schwäche. Und welcher Teenager möchte sich schon schwach fühlen.
Da wird dann aus einer Vier in der Klassenarbeit mal flugs eine Zwei, weil die Angst, nicht gut genug zu sein, schwerer wiegt als die Ziffer auf dem Papier.

Verständnis zeigen – Überlege: „Wie kann ich eine Atmosphäre schaffen, in der mein Kind sich traut, mir von seinen Niederlagen zu erzählen, ohne eine Lawine von Enttäuschung zu fürchten?“

„Was lebe ich ihm denn im Umgang mit „Versagen“ vor?“

  • Elternschutzprogramm aktiviert

Und dann gibt es noch die Lügen, mit denen dich dein Kind schonen bzw. schützen möchte. Die Lüge fungiert quasi als Schutzschild für dich. Vielleicht glaubst du mir das nicht, doch es ist mittlerweile sehr gut erforscht, dass Kinder und Jugendliche sich immer um das Wohlbefinden ihrer Eltern sorgen. Und wenn dein Kind das Gefühl hat, dass dich seine schlechte Note oder eine Handlung, die nicht für dich ok ist, enttäuscht, traurig, wütend macht, dann wird es versuchen, dich zu schonen und daher vielleicht eine Lüge erfinden. Allerdings finden diese Prozesse selten bewusst, sondern meist unbewusst statt. Oder wie Jesper Juul schon vor vielen Jahren feststellte:

Kinder lügen, wenn Eltern die Wahrheit nicht aushalten.

Wie kannst du also konstruktiv mit den kreativen Wahrheiten deines Teenagers umgehen?

1. Ruhe bewahren, auch wenn’s stürmt

Beispiel: Dein Teenager kommt viel später nach Hause als erlaubt. Statt sofort mit Vorwürfen zu starten, nimm dir einen Moment, um tief durchzuatmen und sage: „Ich sehe, du bist später als geplant zurück. Lass uns in Ruhe darüber reden.“ Dieser Ansatz schafft eine offene Atmosphäre für ehrliche Gespräche.

2. Vorwürfe vermeiden, Verständnis zeigen

Beispiel: Dein Kind gesteht, dass es beim Schummeln in einem Test erwischt wurde. Statt zu schimpfen, könntest du sagen: „Kann es sein, dass du unter großem Druck standest. Was können wir tun, damit du dich beim nächsten Mal besser vorbereitet fühlst?“ Solche Fragen zeigen Verständnis und Bereitschaft zur Unterstützung.

3. Hinter die Kulissen blicken

Beispiel: Wenn dein Teenager behauptet, seine Hausaufgaben gemacht zu haben, obwohl du weißt, dass das nicht stimmt, frage nach den Gründen: „Es scheint, als gäbe es da ein Hindernis für dich. Kannst du mir erzählen, was los ist?“ Dies öffnet den Raum für ehrliche Antworten und gemeinsame Problemlösungen.

4. Keine Scham, wir sind alle menschlich

Beispiel: Dein Teenager hat aus Versehen das Auto beim Ausparken beschädigt und versucht, es zu verheimlichen. Anstatt Vorwürfe zu machen, könntest du teilen: „Mir ist früher auch mal ein Fehler passiert. Wichtig ist, dass wir daraus lernen. Wie können wir das gemeinsam regeln?“ Dies vermittelt deinem Kind, dass Fehler menschlich sind und gemeinsam bewältigt werden können.

5. Vertrauen neu aufbauen, gemeinsam wachsen

Beispiel: Nachdem dein Teenager mehrmals zu spät nach Hause gekommen ist und Ausreden erfunden hat, setzt ihr euch zusammen und besprecht neue Vereinbarungen: „Ich brauche deine Zuverlässigkeit, damit ich ruhig schlafen kann. Lass uns gemeinsam überlegen, wie wir für diese Situationen eine Lösung finden, damit wir uns beide dabei wohlfühlen können.“ Dies fördert die Eigenverantwortung und das gegenseitige Vertrauen.

Die Beziehung zu deinem Teenie als Priorität

Ich hoffe also, dass ich dir mit diesen Impulsen zeigen konnte, dass die Gründe für Lügen vielfältig sein können. Und dass es sich auszahlt, hinter die Kulissen zu schauen, damit eure Eltern-Teenager-Beziehung nicht auf Dauer vergiftet wird. Denn das kann sich auf eure Beziehung für den Rest eures Lebens auswirken. In der Pubertät entscheidet sich, ob dich dein erwachsenes Kind einmal freiwillig besuchen kommt oder nur deshalb, weil es sich verpflichtet fühlt.

Unterstützung und Austausch für Eltern

Und wenn du dir auf diesem Weg Unterstützung und Austausch wünschst, dann lade ich dich herzlich zu meiner MONATSBEGLEITUNG ein. Bei den regelmäßigen Treffen der Selbsthilfegruppe Pubertät für Eltern finden wir gemeinsam Wege, solche Situationen mit Verständnis und Geduld zu meistern.

<< Alle Infos zur Monatsbegleitung findest du hier >> 

Ich freue mich, wenn du Teil unserer Gemeinschaft wirst. Das kannst du machen, indem du entweder direkt die Monatsbegleitung buchst, die monatlich kündbar ist, oder indem du  meinen Bestseller-Onlinekurs „DAS 1×1 DER PUBERTÄT“ buchst, in dem die Monatsbegleitung bis zum Ende 2024 als Geschenk an dich integriert ist.

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Lass uns gemeinsam die Pubertät unserer Kinder nicht nur als Herausforderung, sondern als Chance für Wachstum und tiefe Verbindung sehen. Ich wünsche dir viele wertvolle Erkenntnisse beim Aufspüren der Ursachen für die Lügen deines Teenies und freue mich auf deine Erfahrungen und Kommentare.

Herzliche Grüße.

Deine Ines

Damit die Pubertät deines Kindes auch für dich zur Schatzkiste wird!

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