Impulse für die Eltern
Im 2. Teil meiner kleinen Serie möchte ich einen weiteren Gedanken mit euch teilen, der euch als Eltern vielleicht dabei unterstützen kann, einen Perspektivenwechsel im Blick auf die „Vergehen“ eurer jugendlichen Kinder zu werfen.
Kinder und Jugendliche tun nichts GEGEN ihre Eltern, sondern FÜR sich selbst.
Das möchte ich gerne an einem Beispiel verdeutlichen:
Peter hat mit seinen Eltern vereinbart, dass er um 23.00 Uhr zu Hause sein sollte. Nun stellt sich aber im Laufe des Abends heraus, dass Peters Freunde ihre Pläne geändert haben und daher 23.00 Uhr für Peter nicht eingehalten werden kann, wenn er weiter mit seinen Freunden unterwegs sein möchte. Peter steht nun vor einer Entscheidung, die ihn auf jeden
Fall in eine Zwickmühle bringt:
„Wenn ich bei meinen Freunden bleibe, dann erwarten mich wahrscheinlich zu Hause unangenehme Konsequenzen. Ich enttäusche meine Eltern. Sie machen sich womöglich sogar Sorgen und ich bekomme vielleicht eine Strafe.“
ABER:
„Wenn ich nach Hause gehe, dann halten mich meine Freunde womöglich für uncool und machen sich über mich lustig. Außerdem weiß ich dann nicht, was die erlebt haben und bin dann am nächsten Tag aus den Gesprächen ausgeschlossen.“ Also EGAL wie Peter sich entscheidet, er kann aus seiner Sicht nicht gewinnen.
Wahrung der eigenen Integrität
Eltern, die sich emphatisch auf die Gefühlswelt ihrer Kinder einlassen wollen, könnten bereits im Vorfeld mit ihnen gemeinsam einen Plan entwickeln, was im Falle von unvorhersehbaren Geschehnissen getan werden kann. Wichtig dabei ist, dass Eltern bereit sind, in der Entscheidungsfindung flexibel zu bleiben und es nicht auf einen Machtkampf ankommen lassen wollen. Denn Machtkämpfe erzeugen immer Verlierer.
Eltern als „Sparringspartner“
Was Jugendliche aber brauchen, sind Sparringspartner. D.h. sie brauchen Eltern, die bereit sind, möglichst großen Widerstand zu leisten, indem sie sich bei den ihnen WIRKLICH wichtigen Dingen „durchsetzen“ bzw. konsequent bleiben, ohne dabei zu großen Schaden für den Jugendlichen anzurichten. Denn für eine gesunde Entwicklung von Kindern ist auch die Kompetenz, Frust ertragen zu können, eine sehr wesentliche.
Was sind klare und authentische Eltern?
Daher ist es sehr hilfreich, wenn sich Eltern immer wieder in Ruhe hinsetzen und gemeinsam überlegen, warum sie zu manchen Dingen NEIN sagen, warum ihnen gewisse Regeln wichtig sind. Je klarer die Eltern wissen und vermitteln können, wofür sie stehen, desto leichter fällt es den Jugendlichen, sich danach zu richten. Bei diesen Entscheidungen ist die Authentizität der Eltern eine Voraussetzung.
Verbote, die aus der Haltung eines „Das tut man nicht“ oder „Das gehört sich nicht!“ entschieden werden, werden von Jugendlichen selten akzeptiert. Sie brauchen Eltern, die genau wissen, warum sie welche Entscheidungen treffen. Sie brauchen Eltern, die sich als Mensch zeigen und die eine persönliche Sprache sprechen: „Ich will das nicht, weil … .“ Kinder spüren, wenn sich Eltern hinter ihrer Elternrolle „verstecken“.
Unsere Tochter hinterfragte ab ihrem 11. Lebensjahr (fast) jede unserer Entscheidungen mit der immer gleichlautenden (manchmal sehr nervtötenden) Frage: „Sagt wer?“ Und das gab uns als Eltern die Chance, herauszufinden, warum wir so entschieden, wie wir entschieden. Wir entdeckten dadurch Verhaltensmuster, die uns noch unbekannt waren, konnten uns nun mit unseren eigenen (oft hinderlichen) Glaubenssätzen auseinandersetzen und wuchsen nun gemeinsam mit unseren Kindern, die uns dabei „unterstützten“ genauer auf uns und unsere Werte zu achten. Oder wie Konstantin Wecker es in einem Interview einmal so schön ausdrückte: „Man kommt sich selbst auf die Schliche.“
Was Eltern tun können
Wenn es uns als Eltern gelingt, uns selbst auf die Schliche zu kommen und unseren Kindern im Zusammenleben mit ihnen vorzuleben, wie wir konstruktiv mit Herausforderungen, Meinungsverschiedenheiten, „Fehlern“ und Konflikten umgehen, dann ist das für mich einer der wertvollsten Beiträge zum Frieden.
Denn die Probleme in unserer Gesellschaft sind für mich nicht die Konflikte oder die Meinungsverschiedenheiten mit anderen, sondern der oft destruktive Umgang damit, weil viele von uns in ihrer eigenen Kindheit nicht gelernt haben, dass Anderssein und Andersdenken unser Leben auch bereichern kann.
Ich freue mich wie immer auf eure Kommentare, Fragen und euer Feedback.
Herzliche Grüße
Eure
Ines Berger
*** AUS DEM ARCHIV ***
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