Ein Blick auf die Bedürfnisse von Jugendlichen

Nach dem Blick auf die Eltern schaue ich in Pubertät Teil 3 bis 5 nun auf die Bedürfnisse von Jugendlichen. Was brauchen sie von ihren Eltern, damit es ihnen gelingen kann, zu seelisch gesunden und glücklichen Erwachsenen heranzuwachsen? Ich knüpfe hier an die Punkte 1. – 5. aus dem Artikel Pubertät Teil 3: Was brauchen Jugendliche? – Beziehung statt Erziehung an.

6. Eltern, die nicht nur liebevoll fühlen, sondern auch liebevoll handel

Ich bin fest davon überzeugt, dass Eltern immer ihr Bestes tun. Eltern wollen ihren Kindern keinen Schaden zufügen. Sie handeln in bester Absicht. Aber sehr oft spüren Jugendliche die liebevollen Gefühle ihrer Eltern nicht, weil sie deren Handlungen als besserwisserisch und bevormundend erleben. Sie fühlen sich in ihren Bedürfnissen nicht ernst genommen, sehen sich oft als Objekt, das die Erwartungen ihrer Eltern erfüllen soll. Dabei brauchen Eltern diese gar nicht auszusprechen. Solche Botschaften werden vor allem nonverbal vermittelt.

Jugendliche brauchen Eltern, die sie spüren lassen, dass ihnen ein echtes Interesse an ihrer Persönlichkeit, ihrem Denken und Fühlen entgegengebracht wird. Und dafür braucht es ehrliches Interesse, offene Gespräche, interessierte Fragen, Neugier der Eltern, was ihr Kind fühlt und denkt, und kein lösungsorientiertes ABER. Wenn das nicht gegeben ist, dann empfinden Menschen im Allgemeinen und Jugendliche im Besonderen, gut gemeinte Ratschläge als „Schläge“, die sie natürlich nicht annehmen können und wollen. Und so erfolgt dann oft eine Entfremdung zwischen Eltern und Jugendlichen.

Aber wie finden Eltern heraus, was ihr Kind braucht? Dafür braucht es eine offene, ehrliche Kommunikation. Es braucht Eltern die eine persönliche Sprache sprechen.

7. Eltern die eine persönliche Sprache sprechen

In vielen Familien scheint die Kommunikation spätestens in der Pubertät der Kinder immer schwieriger zu werden. Immer seltener gelingen Gespräche, bei denen sich alle gehört, gesehen und verstanden fühlen.

Oft liegt es daran, dass Eltern mit ihren Kindern ein „ernstes Wort“ sprechen wollen, was in vielen Fällen einen erklärenden oder belehrenden Monolog zur Folge hat. Wenn das passiert, dann schalten Kinder meist auf „Durchzug“.

Wie ist es also möglich, dass Gespräche mit Jugendlichen gelingen, die nicht in Streit und gegenseitigen Schuldzuweisungen enden?

Eine Voraussetzung dafür ist, dass Eltern eine persönliche Sprache sprechen. Denn wenn wir uns nicht persönlich ausdrücken, sprechen wir sozusagen mit „zwei Zungen“. Unsere Worte sagen das eine, doch die Kinder spüren etwas Anderes.

Kleinere Kinder werden dadurch oft verwirrt und wissen nicht, welche Botschaft sie ernst nehmen sollen. Bei Jugendlichen ist es aber oft eher so, dass sie nicht mehr daran interessiert sind, die Botschaften der Erwachsenen zu entschlüsseln. Also reagieren sie oft mit Schweigen, welches von den Erwachsenen wiederum als abweisendes Verhalten empfunden werden kann. Ein Teufelskreis, den NUR die Eltern unterbrechen können. Es ist unsere Verantwortung, das Gesprächsklima, die Atmosphäre in der Familie so „herzustellen“, dass sich ALLE Familienmitglieder darin wohlfühlen.

Kinder haben die persönliche Sprache von Geburt an „mitbekommen“.

„Das kleine Einmaleins der persönlichen Sprache lautet:

  • Ich will – ich will nicht
  • Ich mag – ich mag nicht
  • Ich will haben – ich will nicht haben.

Die persönliche Sprache ist niemals belehrend oder kritisierend. Sie drückt aus, , was WIR als Eltern fühlen, was UNS wichtig ist, und welche Werte WIR WIRKLICH-WIRKLICH vertreten. Sobald Jugendliche spüren, dass wir eine Elternrolle spielen, dass wir Dinge von ihnen verlangen, weil „MAN“ das macht, … ziehen sie sich zurück oder rebellieren, weil sie den wirklichen Menschen in uns suchen. Sie wollen wissen, mit wem sie es zu tun haben.


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8. Konstruktiver Umgang mit Konflikten – Dialog statt Konfliktgespräch

Gegensätze und Konflikte sind im familiären Zusammenleben im Allgemeinen, aber mit Teenagern im Besonderen ganz natürlich und auch notwendig. In diesem Zusammenhang versuchen Eltern oft vergeblich (aber mit bester Absicht), Grenzen und einen verbindlichen Rahmen zu setzen, während die Jugendlichen scheinbar permanent, mit größter Beharrlichkeit versuchen, diesen Rahmen zu sprengen.

Jede Familie braucht einen Rahmen bzw. ein paar Regeln, damit die zwischenmenschlichen und sozialen Prozesse entwickelt bzw. gefördert werden können. Diese Regeln müssen allerdings immer die individuellen Überzeugungen der Eltern widerspiegeln, denn nur dann sind sie auch in der Lage, diese mit Überzeugung und persönlicher Sprache zu „verteidigen“.

Aber spätestens im Zusammenleben mit Teenagern sollten diese Regeln stets neu ausdiskutiert und angepasst werden, denn wenn sich Jugendliche nicht gehört fühlen, werden sie viel Energie darauf verwenden, sich diesen Regeln zu widersetzen und wahrscheinlich in diesem Kontext auch die Kunst erlernen, überzeugend zu lügen. Ich bin immer wieder überrascht, wie blind Eltern sein können, wenn sie die oft absurdesten Lügen ihrer jugendlichen Kinder glauben oder glauben wollen.

Das bestätigen mir auch viele der Jugendlichen, mit denen ich in den letzten Jahren gesprochen habe, die eigentlich tief in ihrem Herzen ihren Eltern gegenüber sehr offen sein und kein energieraubendes „Lügenleben“ führen wollen. Aber sie spüren, dass sie ihre Eltern nicht enttäuschen wollen, und im Spagat zwischen Kooperation mit den Eltern und dem Wahren ihrer eigenen Integrität, entscheiden sie sich dann – Gott-sei-Dank – oft für die Wahrung ihrer Integrität und lügen daher. Kinder lügen, wenn Eltern die Wahrheit nicht aushalten. Das ist eine für viele Eltern oft sehr schmerzliche Erfahrung.

Wie kann es nun gelingen, dass sich in einer Familie ALLE Familienmitglieder gehört und gesehen fühlen können?

Als Alternative zu unfruchtbaren Konfliktgesprächen, in denen es meist nur um Machtausübung geht, also darum, wer am Ende Recht behalten und sich durchgesetzt hat, gibt es eine Gesprächsform, die sich grundlegend von Diskussion, Verhandlung, Debatte und Monolog unterscheidet: den DIALOG.

  • Ein Dialog setzt Offenheit, Interesse und Engagement von beiden Seiten voraus.
  • In einem Dialog lernen wir etwas über uns selbst, den anderen und das Thema.
  • In einem Dialog geht es nicht darum, den anderen von einer vorgefertigten Meinung zu überzeugen.
  • Ein Dialog dient dazu, dass man so lange und so ausführlich miteinander redet, bis sich alle Beteiligten gehört und ernst genommen fühlen. Dabei ist das jeweilige Thema zweitrangig.
  • In einem Dialog dürfen ALLE daran Beteiligten ihre Gedanken, Werte, Ziele, … aussprechen. Es wird nicht gewertet. Alles liegt am Tisch. Am Ende steht ein „Aha, so denkst du.

Und wenn das so stehen bleiben darf, dann kann Kommunikation gelingen, denn der Jugendliche weiß jetzt: „Ich darf so denken, wie ich denke und darf das auch aussprechen, ohne dass ich dafür abgewertet werde. Ich darf fühlen, wie ich fühle.“ Und diese Form der Kommunikation gibt ihm dann auch die Kraft und Sicherheit, sich mit seinen Themen auseinanderzusetzen, und er kann sich die Energie sparen, ständig gegen die Eltern „kämpfen“ zu müssen.

Der Dialog mit euren Kindern ist die Königsklasse

Und ihr, liebe Eltern, seid geduldig mit euch. Diese Form der Kommunikation wurde den meisten von uns nicht in die Wiege gelegt. Es ist für viele von uns Neuland, das erst langsam erobert werden darf. Und selbst wenn ihr im Führen von Dialogen im beruflichen Kontext geübt seid, dann ist der Dialog mit euren Kindern die Königsklasse.

Denn sobald Eltern mit ihren eigenen Emotionen in Berührung kommen, erreicht die Kommunikation eine neue Dimension.

Dialog mit den eigenen Kindern braucht Geduld und Wiederholung. Aber der Weg dorthin lohnt sich.

Denn sollte es nicht unser aller langfristiges Ziel sein, dass unsere erwachsenen Kinder in Kontakt mit uns bleiben, weil sie uns für besondere Menschen halten, mit denen sie gerne Zeit verbringen und die sie als Bereicherung in ihrem Leben betrachten, und nicht, weil sie sich zu einem Besuch verpflichtet fühlen?

In Pubertät Teil 5 gehe ich auf weitere Punkte ein, die beschreiben, was Jugendliche von ihren Eltern brauchen. Abonniere gerne meinen Newsletter, wenn du die Artikel nicht verpassen möchtest. Trage dich weiter unten auf der Seite gleich ein.

Ich freue mich wieder über deine Kommentare und Fragen.

Deine Ines

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