Kinder und Jugendliche spüren, wenn etwas nicht deiner Wahrheit entspricht

Es war ein ganz normaler Nachmittag an einem Samstag. Unsere Tochter – damals etwa zwölf – sollte am Sonntag mit zu einer Geburtstagsfeier der Tante. Doch sie wollte sich lieber mit Freundinnen treffen. Da hörte ich mich sagen:

„Das gehört sich.“
„Da muss man halt manchmal durch, auch wenn man gerade keine Lust hat.“

Sie sah mich an, mit diesem Blick zwischen Neugier und leiser Provokation –
und sagte ganz ruhig: „Sagt wer?“

Dieser eine Satz hallte in meinem Kopf. Ich war kurz sprachlos.
Nicht, weil sie frech war. Sondern, weil da plötzlich ein Gedanke auftauchte, den ich bis dahin offensichtlich lange verdrängt hatte:
Wer sagt eigentlich, was sich „gehört“?
Wer bestimmt, was „man muss“?

Wer sagt eigentlich, was sich „gehört“?

Ich hätte im ersten Moment natürlich so antworten können, wie es viele Eltern tun und wie auch ich es oft gehört hatte:
„Ich bin deine Mutter.“
„Weil ich es sage.“
„Weil man das so macht.“

Aber innerlich stoppte etwas in mir. Denn plötzlich fühlte ich mich wieder in meine eigene Kindheit zurückversetzt. Dieses Gefühl, Dinge einfach tun zu müssen, ohne zu wissen warum.
Diese Stimme in mir, die schon als Mädchen immer gefragt hat:„Warum? Wer sagt das eigentlich?“

Und ab da begann sich mein Leben wieder einmal grundlegend zu verändern.
Ich machte mich auf die Suche nach den Antworten auf:

  • meine Neins
  • meine „Das gehört sichs“
  • meine „Das tut mans“

Ich begann, meine eigenen Werte zu erforschen – mit Neugier, mit Herz und mit einer Portion kindlicher Entdeckerlust
Und ab diesem Zeitpunkt kam – und komme ich mir noch immer – selbst immer näher und lerne mich Stück für Stück besser kennen. Der Mensch der ich WIRKLICH bin.

Sind das meine Werte und meine Regeln?

Und ich entdeckte damals, dass sehr viele meiner Werte, meiner Regeln, meiner „Wahrheiten“gar nicht meine waren. Es waren Werte und Glaubenssätze aus meiner Kindheit. Ich hatte sie einfach von anderen übernommen, ohne sie je zu hinterfragen.

  • Von meiner Familie
  • Von der Schule
  • Von der Gesellschaft.

Und Jahre später saß ich auf einmal da – mitten in meinem Leben – und fragte mich selbst:

„Sagt wer, dass ich weiter als Lehrerin arbeiten muss?“
„Sagt wer, dass ich mit fast 50 nicht nochmal neu anfangen darf?“

Ich – Lehrerin mit sicherem Job, geregeltem Einkommen – stand plötzlich vor der Entscheidung: Traue ich mich? Wage ich den Sprung in die Selbstständigkeit?   Und tief in mir hörte ich sie wieder, die Frage meiner Tochter: „Sagt wer, dass du das nicht darfst?“

Mut ich selbst zu sein

Ohne sie, ohne diese Frage , hätte ich vielleicht nie den Mut gefunden, mich neu zu erfinden und meinem Herz zu folgen. Ich liebte meine Arbeit als Lehrerin , die Arbeit mit den Schüler*innen , aber Latein und Mathematik begeisterten mich nicht mehr. Also wagte ich, vier Jahre nach dem ersten Gedanken , dass ich auch aus dem Schuldienst ausscheiden könnte, den Sprung in eine neues berufliches Leben.

Heute bin ich seit fast 10 Jahren erfolgreich selbstständig und ich bin sehr dankbar dafür, dass ich damals den Mut gehabt hatte, mein Leben neu auszurichten . Auslöser dafür waren im Rückblick zwei einfache Worte mit einem Fragezeichen:

„Sagt wer?“ – Eine Einladung die eigene Lebensweise neu auszurichten

In dieser, meiner inneren Aufbruchsstimmung tauchte damals – während einer Meditation – das Bild der Pubertät als Schatzkiste in mir auf – ein Bild, das seither meine Arbeit mit Eltern prägt und das ich heute mit ganzem Herzen weitergebe. Die Pubertät ist kein Schreckgespenst . Sie ist eine unglaublich wichtige , wenn auch herausfordernde Lebensphase . Sowohl für die Jugendlichen als auch für die Erwachsenen .

Sie ist aber auch eine Einladung. Eine Einladung, deine eigenen Werte zu prüfen. Deine Entscheidungen. Deine Lebensweise. Und manchmal reicht ein einziger Satz, um alles ins Rollen zu bringen. „Sagt wer?“

Ich wünsche dir ein Osterfest voller ehrlicher Fragen
und mutiger, liebevoller Antworten.

Von Herzen,
deine Ines

Pubertät und Medienkonsum

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